gulag
 

 
   
 

4.5 Verwaltungsstandort

Angaben zum Standort der Lagerverwaltung als Führungsorgan entsprechen in der Regel der administrativen und territorialen Gliederung der UdSSR: Republik (bei Lagern außerhalb der RSFSR), Gebiet (Region bzw. ASSR), Bezirk, Ortschaft (bei Städten unter Verwaltung einer Autonomen Republik werden lediglich Republik und Ort angegeben). Angaben über die Verlegung von Verwaltungen erfolgen unter Hinweis auf die einzelnen Daten gemäß den entsprechenden Befehlen gemacht. Ist in den Unterlagen statt einer Ortschaft eine Eisenbahnstation verzeichnet, so wird der Name der Station, die zuständige Eisenbahnverwaltung und in Klammern das Gebiet bzw. die Region oder ASSR, auf deren Territorium sich die Station befindet, vermerkt (z.B. "Station Lobwa, Eisenbahn Swerdlowsk (Gebiet Swerdlowsk)"). Die Ermittlung des genauen Standortes einer Verwaltung innerhalb eines Siedlungspunktes (Straße, Hausnummer) war nicht notwendig.

Die wichtigsten Quellen für die Ermittlung der Lagerstandorte waren die Befehle zur Einrichtung von Lagern und zu deren Standorten bzw. der Standortverlegung von Lagerverwaltungen. Hierzu gehört ebenfalls die begrenzte Anzahl von Sonderbefehlen zur Verlegung einzelner Lager. Die Angaben zu Lagerstandorten in den 1950er Jahren sind in den entsprechenden Kodeakten enthalten. In einigen Fällen jedoch, insbesondere bei Lagern, die nur kurzzeitig existierten, mussten die Angaben zum Standort aus indirekten Quellen erschlossen werden, z.B. aus den Postanschriften (selbst wenn diese nur Deckadressen waren) oder aus Dokumenten, in denen Wirtschaftseinrichtungen der Lager erwähnt wurden, wobei sich die Verwaltung in einiger Entfernung vom Ort der eigentlichen Arbeiten befinden konnte. In all diesen Fällen werden die Angaben mit einem Fragezeichen versehen und genauere Erläuterungen in den Fußnoten gegeben.

Die permanenten Veränderungen in der administrativen und territorialen Gliederung der UdSSR sowie die zahlreichen Umbenennungen von Siedlungspunkten und administrativen Einheiten brachten es mit sich, dass für die korrekte Bestimmung der Verwaltungsstandorte zusätzliche Quellen herangezogen werden mussten. Wobei in den Dokumenten des NKWD-MWD diese Veränderungen nicht immer vermerkt sind. So wird in einem Befehl von 1942 zum Standort des Workuta-ITL die Arbeitersiedlung Workuta dem Autonomen Gebiet der Nenzen im Gebiet Archangelsk zugeordnet, obwohl dieser Siedlungspunkt mit Umgebung bereits 1940 vom Gebiet Archangelsk an die ASSR der Komi übergeben wurde. In einigen Fällen führte die Statusänderung eines Siedlungspunktes (Dorf – Siedlung – Arbeitersiedlung – Stadt) zu Verwirrungen in den Dokumenten des NKWD-MWD. Zusätzliche Schwierigkeiten resultierten aus gleichlautenden und dialektal eingefärbten geographischen Bezeichnungen.

In den Lagereinträgen sind die Informationen wie folgt angeordnet: Im Textfeld "Standort" werden jene Ortschaften und administrativen Einheiten aufgeführt, die durch Quellen belegt sind. Dasselbe Prinzip gilt für alle geographischen Bezeichnungen in den übrigen Textfeldern des jeweiligen Lagereintrags. Enthalten die Quellen unterschiedliche Bezeichnungen, so werden alle Varianten mit Hinweis auf die entsprechenden Quellen angegeben. Die offizielle Bezeichnung des Ortes erscheint in runden Klammern, außerdem wird sein Status (Stadt, Arbeitersiedlung etc.) angegeben sowie (falls es Abweichungen zu den Quelldokumenten gibt) seine administrative Zugehörigkeit Ende der 1980er Jahre gemäß dem "Handbuch zur administrativen und territorialen Gliederung der UdSSR 1987" (in seiner aktuellen Ausgabe, die das gesamte Gebiet der UdSSR erfasst) sowie den topographischen und administrativen Karten der 1980er Jahre. Z.B.: "Molotow (heute Perm)" oder "Gebiet Leningrad, Borowitschi (heute zum Gebiet Nowgorod zugehörig)". Eine Ausnahme stellen "ideologische" Umbenennungen der 1980er Jahre dar: so wird anstelle des Namens der Stadt "Andropow" die Bezeichnung "Rybinsk" angegeben. In den Fußnoten sind die offiziellen Bezeichnungen, der Status und die administrative Zugehörigkeit zum Entstehungszeitpunkt der Quelle vermerkt. Diese Bezeichnungen entsprechen den Handbüchern zur Verwaltungs- und territorialen Gliederung der UdSSR, den Beschlüssen des Obersten Sowjets der UdSSR und den Karten jener Jahre. Ebenso werden an dieser Stelle Fehler in den Dokumenten des NKWD-MWD angeführt. Leider war dieses Verfahren bei kleineren Ortschaften nicht immer möglich, da die entsprechenden Angaben fehlten. In diesen Fällen folgten die Verfasser den Angaben des Quelltexts.

Angaben zu Verwaltungen, deren Standorte sich an Eisenbahnstationen befinden, werden in anderer Form aufgeführt. Das hat damit zu tun, dass im Unterschied zu Siedlungspunkten Eisenbahnstationen äußerst selten umbenannt wurden. Das Verwaltungssystem der Eisenbahn, d.h. Grenzen und Bezeichnungen der Verwaltungen, änderten sich dagegen häufig. Im Haupttext werden daher der Name der Station und der Eisenbahnverwaltung entsprechend den Dokumenten aus der Zeit des Lagerbetriebs angegeben. Für Angaben zu Gebiet, Region oder ASSR, auf deren Territorium sich die Eisenbahnstation befand, war der Stand Ende der 1980er Jahren ausschlaggebend. Bei Abweichungen vom Stationsnamen findet sich die heutige Bezeichnung jenes Ortes, der der Station am nächsten gelegenen ist, in den Fußnoten. Außerdem werden dort auch die administrative Zugehörigkeit sowie Angaben zu unterschiedlichen Schreibweisen in den Dokumenten des NKWD-MWD und anderen Quellen (z.B. in Handbüchern zur administrativen und territorialen Gliederung und Eisenbahnkarten aus jener Zeit) sowie Umbenennungen der Station vermerkt (siehe z.B. GORNAJA-SCHORIJA-ITL, DUBOGORSKOJE-LAGERABTEILUNG).

Wenn ein Siedlungspunkt nicht umbenannt wurde, so wurde sein ursprünglicher und neuer Status vermerkt (z.B. wenn aus einer Arbeitersiedlung eine Stadt wurde). Bei jenen Siedlungspunkten, die heute nicht den Status einer Stadt haben, wird zusätzlich die heutige administrative Zugehörigkeit vermerkt. Bei umbenannten Siedlungspunkten wird bei der alten Bezeichnung die alte administrative Zugehörigkeit genannt und bei der neuen Bezeichnung entsprechend die neue.

In Einzelfällen wurden in den Befehlen zum Standort aus Gründen der Geheimhaltung bewusst fehlerhafte Angaben gemacht wurden. So kann man aus heute veröffentlichten Unterlagen schließen, dass sich seit der Einrichtung der Bauverwaltung für die Objekte "KB-11" im Jahre 1946 die Verwaltung in Sarow befand. In vielen Befehlen wird jedoch als Standort das Dorf Schatki im Gebiet Gorki angegeben (siehe z.B. BAU 585 UND ITL).