biographie

 
   
 
 

Olga

Jewgenjewna

Reichberg

 
 

"An einem frostigen Morgen brachte die Militärärztin 2. Ranges ihre Mutter auf dem Schlitten zum Finnischen Bahnhof in Leningrad. Mama konnte nicht mehr laufen und andere Passagiere halfen ihr beim Einsteigen. Die völlig hilflose Frau wurde unter fremden, ihr nicht wohlgesinnten Menschen zurückgelassen. Die Fahrt ging nach Omsk. Unterwegs wurde Mama ausgeraubt, am Bahnhof von Wologda vom Zug genommen und bei frostigem Wetter auf dem Bahnsteig zurückgelassen. Der Zug fuhr weiter… Mamas weiteres Schicksal verlief so: Eine Frau, die zufällig zur selben Zeit am Bahnhof auf einen anderen Zug wartete, nahm Mama mit zu sich nach Podjuga, Gebiet Archangelsk. Diese Frau und ihr Mann arbeiteten in der Forstwirtschaft und bewohnten ein Zimmer in einer Baracke. Für Mama fand sich nur ein Platz auf dem Boden.

Am 18. April 1942 starb unsere Mama, Maria Karlowna Reichberg, in der Siedlung Podjuga und wurde auf dem dortigen Friedhof begraben. Sie hatte drei Kinder und eine Wohnung in Leningrad, trotzdem beendete sie ihr Leben bei fremden Leuten auf dem Fußboden einer Wohnbaracke für Arbeiter. Das Schicksal war unbarmherzig. Das Schicksal? Und was ist mit den Menschen? Friede ihrer Asche!"

A. E. Reichberg: "Olja". Leningrad, 1989.

   
 

31.12.1895

In Charkow geboren.

1914

Absolviert das Gymnasium in Kursk mit Auszeichnung. Kurz darauf zieht die Familie nach Petrograd um.

1920 – 1925

Studium am Medizinischen Institut von Leningrad, arbeitet gleichzeitig als Krankenschwester im Kinderheim für Körperbehinderte, später am Wolchowstroi.

1925 – 1929

Arbeitet in einem Leningrader Krankenhaus, gleichzeitig wissenschaftliche Tätigkeit.

1930 – 1931

Schulärztin in Machatschkala.

1931 – 1941

Arbeitet am Rehazentrum für körperbehinderte Kinder.

1939 – 1940

Einberufung in die Armee als Militärärztin. Teilnahme am Finnland-Feldzug.

September 1940

Entlassung aus der Armee.

12.09.1941

Erneute Einberufung als Militärärztin. Einsatz in einem Leningrader Militärhospital.

1941 – 1942

Als Angehörige der deutschen Minderheit wird der Bruder Alexander verhaftet und verurteilt und die Mutter Maria Karlowa Reichberg aus Leningrad ausgewiesen. Später stirbt sie in der Verbannung.

1942

Entlassung aus der Armee und Verbannung nach Taschtalog (Gebiet Kemerowo) in Westsibirien. Arbeitet im Holzeinschlag und als Putzfrau in der Sparkasse.

28.08.1942

Darf wieder als Ärztin arbeiten, zunächst in der Mine von Scheregesch (Gornaja Schorija), später in Taschtalog.
Bis an ihr Lebensende wird ihr eine Rückkehr nach Leningrad nicht gestattet. Sie bleibt deshalb in Westsibirien und wird als „Verdiente Ärztin der Republik“ ausgezeichnet.

11.06.1976

Stirbt in Taschtalog.

   
 

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